Landessortenversuche Ackerbohnen und Körnererbsen 2022

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Körnererbsen mit verschiedenen Blühterminen

Die nordrhein-westfälische Anbaufläche für großkörnige Leguminosen (inkl. Gemüse) stagniert aktuell bei etwa 22.300 ha. Davon entfielen 2022 etwa 11.900 ha auf den Anbau von Ackerbohnen und 5.200 ha auf Erbsen zur Körnernutzung. Lupinen und Sojabohnen wurden jeweils auf 700-800 ha angebaut. Die fehlende Zunahme lässt sich zumindest teilweise auf die befristete Aussetzung der Agrarumweltmaßnahme "Vielfältige Kulturen" zurückführen. Die im Rahmen der GAP-Reform 2023 neu aufgelegte Förderung für großkörnige Leguminosen in NRW und die bessere finanzielle Ausstattung der "Eiweißpflanzenstrategie" könnten dazu beitragen, den Ausbauzielen neuen Schwung zu verleihen.

Ackerbohnen litten mehr als Körnererbsen

Dass es für eine großflächige Ausweitung des Anbaus von Leguminosen in NRW auch weiterhin einer ausreichenden Förderung bedarf, bestätigt leider auch die Ernte 2022. Besonders die vergleichsweise wasserbedürftigen Ackerbohnen litten unter der Frühlings- und Sommertrockenheit und erzielten in NRW mit durchschnittlich 38,1 dt/ha einen deutlich geringeren Ertrag als im niederschlagsreichen Vorjahr (44,8 dt/ha). Bei den weniger anspruchsvollen Körnererbsen hingegen wurde mit 44,8 dt/ha eine im langjährigen Vergleich (2013-2022: 43,2 dt/ha) sogar leicht überdurchschnittliche Ernte erzielt. Allerdings waren in beiden Kulturen große Unterschiede in den Erträgen zwischen besser und schlechter mit Wasser versorgten Anbaugebieten beziehungsweise Standorten festzustellen. Positiv hervorzuheben waren der im Vergleich zum Vorjahr geringere Krankheitsdruck und die meist problemlose Ernte der Körnererbsen.

Perspektiven für großkörnige Leguminosen

Die in Deutschland genutzten Mengen an Ackerbohnen und Körnererbsen haben sich in den letzten 10 Jahren mehr als verdoppelt. Auch wenn der überwiegende Anteil der Produktion nach wie vor in der Tierfütterung eingesetzt wird, entwickelt sich besonders im Bereich der Humanernährung ein zunehmend nachfragegetriebener Markt. Dieser wird aktuell allerdings nur etwa zur Hälfte durch Ackerbohnen und Körnererbsen aus deutschem Anbau versorgt – die zusätzlich benötigten Mengen werden importiert. Ausgehend von einem Anteil der großkörnigen Leguminosen an der Ackerfläche in NRW von nur etwa 2% besteht das Potential, diesen wachsenden Markt zu einem deutlich größeren Anteil aus heimischer Produktion zu bedienen. Bezieht man die Bestrebungen mit ein, auch den Import von (teuren) Sojafuttermitteln zu reduzieren und möglichst durch heimische Eiweißpflanzen zu ersetzen, ergeben sich für den Ackerbohnen- und Körnererbsenmarkt neue Perspektiven.

Dennoch werden die meisten landwirtschaftlichen Betrieben nach wie vor genau kalkulieren, ob sich der Anbau von Ackerbohnen oder Körnererbsen für sie rechnet: Denn bereits seit 2020 haben sich nicht nur die Marktpreise für großkörnige Leguminosen, sondern auch die für Getreide, Raps und andere landwirtschaftliche Produkte teils deutlich erhöht. Besonders in den letzten Monaten konnten sich für Ackerbohnen und Körnererbsen allerdings sehr hohe Marktpreise von bis zu 35 €/dt etablieren, während bei Getreide und Raps bereits ein deutlicher Rückgang festgestellt werden konnte. Darüber hinaus profitieren Leguminosen in gleich doppelter Hinsicht von den aktuell hohen Stickstoffpreisen: Aufgrund des fehlenden N-Düngebedarfs haben sich die Produktionskosten beim Anbau von Ackerbohnen oder Körnererbsen im Vergleich zu stickstoffbedürftigen Kulturen wie Getreide oder Raps nur geringfügig erhöht. Gleichzeitig hat sich der Vorfruchtwert für einen nachfolgenden Anbau von Winterweizen gegenüber den Vorjahren fast verdoppelt, wenn man diesen auf den zu erwartenden Mehrertrag und den geringeren N-Düngebedarf beschränkt. Ausgehend von den aktuellen Marktpreisen ließen sich daher selbst mit nur durchschnittlichen Ackerbohnen- oder Körnererbsenerträgen ähnliche direkt- und arbeitskostenfreie Leistungen erzielen wie beim Anbau von Wintergetreide oder -raps.

Die zusätzliche Wiederaufnahme der Fördermaßnahmen für den "Anbau vielfältiger Kulturen" dürfte für viele Betriebe das entscheidende Argument für den Einstieg in oder die Ausweitung des Anbaus von großkörnigen Leguminosen sein: Die nach langer politischer Diskussion endlich beschlossenen Regelungen der GAP-Reform 2023 sehen vor, dass über die sogenannten "Öko-Regelungen" für den "Anbau vielfältiger Kulturen im Ackerbau" eine Prämie von 45 €/ha förderfähigen Ackerlands beantragt werden kann, wenn unter anderem auf 10% der Anbaufläche ackerbaulich genutzte Leguminosen oder Gemenge angebaut werden. Diese Zuwendung kann in Nordrhein-Westfalen durch die Agarumweltmaßnahme "Anbau vielfältiger Kulturen mit großkörnigen Leguminosen" ergänzt werden, die eine zusätzliche Aufstockung der Prämie auf insgesamt 100 €/ha ermöglicht. Abhängig davon, wie hoch die Kosten für die weiteren mit der Förderung verbundenen Auflagen, vor allem die Begrenzung des Anteils aller Hauptkulturen auf jeweils 30%, bewertet werden, scheint es angebracht, diese Prämie mit bis zu 100% auf die Anbaufläche der Leguminosen umzurechnen. Damit würde sich die direkt- und arbeitskostenfreien Leistung für den Anbau von Ackerbohnen oder Körnererbsen um bis zu 1000 €/ha erhöhen. Die deutlich geringere Prämie für den Anbau von großkörnigen Leguminosen in Gemengen dürfte für die meisten Betriebe ein Argument sein, stattdessen bevorzugt auf Reinsaaten zu setzen.

Landessortenversuche 2022 Ackerbohnen

Feldversuche zum Leistungsvergleich der wichtigsten und neuen Ackerbohnensorten werden von der Landwirtschaftskammer NRW aktuell nur an zwei Standorten durchgeführt: Am rheinischen Standort Kerpen-Buir erfolgte die Aussaat am 14. März. Der nachfolgende Feldaufgang sowie die weitere Bestandsentwicklung wurden allerdings durch die anhaltende Frühlingstrockenheit beeinträchtigt, sodass nur ein durchschnittliches Ertragsniveau von 29,1 dt/ha erreicht wurde. Am südwestfälischen Standort Haus Düsse erfolgte die Aussaat der beiden Sortenversuche (LSV und WP+EUSV) erst am 24. März. Dennoch wurden unter anderem aufgrund des besseren Wasserangebots mit 53,5 dt/ha beziehungsweise 51,1 dt/ha deutlich höhere durchschnittliche Kornerträge erzielt. Der hohe Einfluss der Wasserversorgung auf die Ertragsleistung der Ackerbohnen bestätigte sich auch in den weiteren Sortenversuchen im nordwestdeutschen Anbaugebiet, in denen durchschnittliche Kornerträge von 29,8 dt/ha bis 66,6 dt/ha ermittelt wurden. Da besonders unter Trockenstress oft hohe Grenzdifferenzen in den Versuchen auftreten, lassen sich zuverlässige Ergebnisse zur Sortenleistung meist erst nach mehreren Prüfjahren ableiten.

Bei der Sortenwahl ist neben der reinen Ertragsleistung vor allem die geplante Verwertung relevant. Die meisten aktuell zugelassenen Sorten sind tanninhaltig (buntblühend) und damit besonders für die Wiederkäuerfütterung sehr gut geeignet. Andererseits wird der maximale Anteil an Ackerbohnen in der Schweinefütterung durch einen zu hohen Tanningehalt begrenzt, sodass einige Betriebe stattdessen tanninfreie (weißblühende) Sorten bevorzugen. In der Geflügelfütterung werden fast ausschließlich vicin-/convicinarme Sorten genutzt. Beim Anbau von Ackerbohnen für die Humanernährung sollte die Sortenwahl mit den beteiligten Marktpartnern abgestimmt werden. Sorten mit einem geringeren Anteil an antinutritiven Inhaltsstoffen werden auch hier häufig bevorzugt. Demgegenüber unterscheiden sich die aktuell geprüften Sorten in ihren Anbaueigenschaften nur vergleichsweise gering.

Taifun stand als einzige tanninfreie (weißblühende) Sorte bis 2021 in den nordrhein-westfälischen Landessortenversuchen und erzielte dort regelmäßig etwa 5-10% geringere Erträge als die neueren tanninhaltigen Sorten. Die durchschnittliche Tausendkornmasse ist gering, der Proteingehalt aber höher als bei Trumpet oder Macho. Aufgrund des vergleichsweise geringeren Ertragspotentials sowie der höheren Lagerneigung und Anfälligkeit gegenüber Rost wird die Sorte nur für Betriebe empfohlen, für die der Anbau von tanninhaltigen Sorten einen größeren Nachteil bedeuten würde.

Tiffany hingegen zählt zwar zu den tanninhaltigen (buntblühenden) Sorten ist aber vicin-/convicinarm und daher sowohl für die Wiederkäuer- und Geflügelfütterung als auch für die Humanernährung besonders geeignet. Die Sorte erzielte in den vergangenen Jahren durchschnittliche Erträge und fiel bisher nur zur Ernte 2022 deutlich ab. Aufgrund der ansonsten relativ guten Anbaueigenschaften, des überdurchschnittlichen Proteingehalts und der guten Verwertungsmöglichkeiten bleibt Tiffany weiter eine Hauptempfehlung für den Anbau in Nordrhein-Westfalen.

Trumpet hat sich langjährig als sehr ertragsreiche und Standardsorte bewährt und wird daher auch für die Aussaat 2023 bevorzugt empfohlen. Die Sorte ist ausgesprochen standfest, zeigt allerdings eine etwas höhere Anfälligkeit für Rost. Die geringe Tausendkornmasse reduziert die Saatgutkosten. Der durchschnittliche Proteingehalt ist im Vergleich zu anderen Sorten relativ gering.

Macho erzielte in den vergangenen Jahren meist höhere Kornerträge als Trumpet und präsentierte sich darüber hinaus als die etwas etragsstabilere der beiden Sorten. Ebenfalls vorteilhaft zu bewerten ist die vergleichsweise geringere Anfälligkeit gegenüber Rost. Abhängig davon, ob Saatgut zugekauft und wie die Ernte genutzt werden soll sind die sehr hohe Tausendkornmasse und der vergleichsweise geringe Proteingehalt zu beachten.

Daisy konnte mehrjährig mit überdurchschnittlichen Kornerträgen und Proteingehalten überzeugen. Das sehr gute Ergebnis in den Versuchen in Kerpen-Buir 2022 sollte allerdings nicht überinterpretiert werden. Die Saatgutverfügbarkeit ist stark begrenzt.

Stella ist in der Sortenleistung und den übrigen Sorteneigenschaften ähnlich zu bewerten wie Daisy, wird aufgrund der deutlich höheren Saatgutverfügbarkeit aber bevorzugt empfohlen. Aufgrund des höheren Proteingehalts erzielen beide Sorten im Vergleich zu Trumpet oder Macho etwas höhere Rohproteinerträge, die auch bei einer geplanten Selbstverwertung berücksichtigt werden sollten.

Caprice erzielte im ersten Prüfjahr ähnliche Kornerträge wie Daisy und Stella bei allerdings nur durchschnittlichen Proteingehalten. Die auch im Hinblick auf die übrigen Sorteneigenschaften relativ ähnliche tanninhaltige Sorte ist eine mögliche Alternative für den Probeanbau.

Landessortenversuche 2022 Körnererbsen

Bei meist gleichen Aussaatterminen wurden in den nordwestdeutschen Landessortenversuchen 2022 mit Körnererbsen meist höhere durchschnittliche Erträge erzielt als in den gleichortigen Versuchen mit Ackerbohnen. Dies gilt auch für den Standort Kerpen-Buir, an dem trotz der Frühlingstrockenheit und einem Hagelschaden ein durchschnittlicher Kornertrag von 34,5 dt/ha erzielt wurde. Aufgrund des Hagels, der besonders in den etwas früher reifen Sorten zu Kornverlusten durch aufgeplatzte Hülsen geführt hatte, ließ sich der Versuch leider nicht auswerten. Am zweiten Standort Haus Düsse wurde ein durchschnittliches Ertragsniveau von 47,6 dt/ha erzielt. Die durchschnittlichen Kornerträge in den weiteren Versuchen des nordwestdeutschen Anbaugebiets reichten von 35,4 dt/ha bis 53,3 dt/ha.

Anders als bei Ackerbohnen werden in Deutschland fast ausschließlich tanninfreie (weißblühende) Körnererbsen angebaut. Dies ermöglicht eine breite Verwertung. Schwerpunkte bei der Sortenwahl sind neben der Ertrags- und Proteinleistung vor allem eine hohe Standfestigkeit.

Respect hat sich aufgrund ihrer sehr geringen Lagerneigung als Sorte für Neueinsteiger in den Anbau von Körnererbsen bewährt. Der hohe Kornertrag in dem einzelnen Versuch auf Haus Düsse 2022 sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Respect mehrjährig etwa 5-10% geringere Erträge erzielt als die besten neuen Sorten. Die Tausendkornmasse und der Proteingehalt sind unterdurchschnittlich. Als möglicher Nachfolger für die Sorte könnte sich zukünftig die Sorte Bellanos etablieren.

Astronaute erzielte in den vergangenen Jahren stets überdurchschnittliche Kornerträge bei nur leicht unterdurchschnittlichen Proteingehalten. Die langjährig bewährte Sorte zählt innerhalb des geprüften Sortiments zu den früher reifen Körnererbsen mit allerdings nur durchschnittlicher Standfestigkeit. Auch aufgrund der positiven Anbauerfahrung vieler Betriebe wird Astronaute bevorzugt empfohlen.

Kameleon erzielte im süddeutschen Raum gute Ergebnisse, kann in den nordwestdeutschen Anbaugebieten aber bisher nur eingeschränkt überzeugen. Die Sorte erzielte in den vergangenen Jahren durchschnittliche Kornerträge bei einem überdurchschnittlichen Proteingehalt. Die geringfügig spätere Reife und die im Vergleich zum übrigen Sortiment etwas geringere Standfestigkeit sind zu beachten.

Orchestra kombiniert nach den bisherigen Ergebnissen die hohe Ertragsleistung von Astronaute mit deutlich überdurchschnittlichen Proteingehalten. Aufgrund der sonst ähnlichen Anbaueigenschaften könnte sich die Sorte mittelfristig als Nachfolger von Astronaute etablieren.

Symbios erzielte in den ersten beiden Prüfjahren ähnliche Sortenleistungen wie Astronaute, konnte sich aber bisher nicht ausreichend positiv von den beiden Hauptempfehlungen absetzen. Die Sorte wird voraussichtlich weiter geprüft, auch aufgrund der begrenzten Saatgutverfügbarkeit aber nur eingeschränkt empfohlen.

Bellanos erzielte im ersten Prüfjahr zwar geringere Erträge als aufgrund der sehr guten Ergebnisse in den vorjährigen Wertprüfungen erwartet, zeigte sich in den Versuchen aber als ähnlich standfest wie die Sorte Respect. Als mögliche Alternative zu der älteren Sorte wird Bellanos daher besonders für Neueinsteiger und Betriebe mit einem hohen Anspruch an eine sichere Ernte empfohlen.

Die grünkörnige Sorte Greenway erzielte als eine der spätesten Sorten in den Versuchen 2022 nur unterdurchschnittliche Erträge und bleibt auch mehrjährig hinter den Ertragsleistungen der meisten gelbkörnigen Sorten zurück. Der Anbau wird daher nur empfohlen, wenn die grüne Kornfarbe gezielt nachgefragt und entsprechend vergütet wird.

Anbauhinweise

Ackerbohnen sollten möglichst früh, sobald der Boden und die Witterung es zulassen, gesät werden um die Winterfeuchte optimal zu nutzen und das Risiko von hitzestressbedingten Ertragsverlusten zu reduzieren. Körnererbsen sind weniger auf eine gute Wasserversorgung angewiesen, reagieren aber empfindlicher auf Kälte, sodass eine etwas spätere Aussaat empfohlen wird. Saatdichte und Saattiefe richten sich nach der Kultur und den Aussaatbedingungen. Als wichtigste Pflanzenschutzmaßnahme ist für eine erfolgreiche Unkrautbekämpfung ein gezielter Herbizideinsatz im Vorauflauf einzuplanen. Auch im konventionellen Landbau werden zunehmend Hacke und/oder Striegel eingesetzt. Blattläuse sollten nach den Grundlagen des Integrierten Pflanzenschutzes bekämpft werden, da diese nicht nur Saugschäden verursachen, sondern die Grüne Erbsenblattlaus auch Nanoviren übertragen kann. Bei einem frühen Befall von Ackerbohnen mit Schokoladenflecken oder Ackerbohnenrost ist ein gezielter Fungizideinsatz oft wirtschaftlich.

Autor: Johannes Roeb, Heinz Koch, LWK NRW