Ausnahmen bodennahe und streifenförmige Ausbringung, Allgemeinverfügung

Schleppschuhverteiler auf GrünlandBild vergrößern
Schleppschuhverteiler auf Grünland

Ausnahmen von der streifenförmigen Aufbringung von flüssigen organischen Düngemitteln auf bestelltem Ackerland (seit 1. Februar 2020) und Grünland, Dauergrünland oder mehrschnittigem Feldfutterbau (ab 1. Februar 2025)

Flüssige organische und flüssige organisch-mineralische Düngemittel, einschließlich flüssiger Wirtschaftsdünger, mit wesentlichem Gehalt an verfügbarem Stickstoff oder Ammoniumstickstoff dürfen im Falle von bestelltem Ackerland seit dem 1. Februar 2020 nur noch streifenförmig auf den Boden aufgebracht oder direkt in den Boden eingebracht werden (§ 6 Abs. 3 Verordnung über die Anwendung von Düngemitteln, Bodenhilfsstoffen, Kultursubstraten und Pflanzenhilfsmitteln nach den Grundsätzen der guten fachlichen Praxis beim Düngen (Düngeverordnung - DüV)). Im Falle von Grünland, Dauergrünland oder mehrschnittigem Feldfutterbau gelten diese Vorgaben ab dem 1. Februar 2025.

Hintergrund dieser Regelung aus der Düngeverordnung 2017 ist die angestrebte Verringerung der Ammoniakemission in die Atmosphäre. Die Landwirtschaft ist hier der größte Emittent und die Wirtschaftsdüngerausbringung macht neben der Nutztierhaltung im Allgemeinen und dem N-Mineraldüngereinsatz die größten Einzelquelle aus. Ammoniak hat negative Auswirkungen auf Ökosysteme, menschliche Gesundheit und indirekt auch auf das Klima.

In der Praxis bedeutet dies, dass die Aufbringung seit dem 1. Februar 2020 auf Ackerflächen und ab dem 1. Februar 2025 auf Grünland, Dauergrünland oder mehrschnittigem Feldfutterbau nur noch bodennah und streifenförmig erfolgen darf.

Die bisherigen Ausnahmeregelungen für Ackerland werden ab dem 1. Februar 2025 angepasst.

Bereits erteilte Ausnahmen für Ackerland nach den bisherigen Regelungen haben so lange Bestand, bis die bisherigen schlagspezifischen Genehmigungen auslaufen.

Was bedeutet das?

  • Unter "streifenförmig" ist eine Aufbringung zu verstehen, bei der mindestens 50 % der Fläche nicht mit flüssigen organischen und flüssigen organisch-mineralischen Düngemitteln, einschließlich flüssiger Wirtschaftsdünger, benetzt ist und der benetzte Streifen maximal 25 cm breit ist.
  • Unter "... auf den Boden aufgebracht" ist eine bodennahe Aufbringung zu verstehen. Dabei soll das Aufbringorgan, zum Beispiel ein Schleppschlauch, nicht mehr als 20 cm vom Boden entfernt sein.

Diese Vorgaben werden in der Regel durch Schleppschlauch- oder Schleppschuhverteiler oder Scheibeninjektor erfüllt. Darüber hinaus gibt es weitere Techniken, die diese Vorgaben erfüllen können.

Wichtig: entscheidend ist nicht, welche Technik eingesetzt wird, sondern dass im Ergebnis die Vorgaben auf der Fläche eingehalten werden.

Weiterhin sind diese Vorgaben rechtliche Mindestanforderungen. Je weniger „breit“ die Verteilung erfolgt und je näher am Boden abgelegt wird, desto geringer sind die gasförmigen Verluste und desto mehr Stickstoff kann von den Pflanzen aufgenommen und in Ertrag umgesetzt werden. Die geringsten Verluste ergeben sich bei Direktablage in den Boden durch Injektion.

Welche Ausnahmen gibt es?

Ausnahmen von dieser Regelung sind möglich, wenn

  • ein anderes Aufbringverfahren zu vergleichbar geringen Ammoniakemissionen wie im Falle der streifenförmigen Aufbringung führt oder
  • wenn eine streifenförmige Aufbringung aufgrund der naturräumlichen oder agrarstrukturellen Besonderheiten des Betriebes unmöglich oder unzumutbar sind. Dies liegt insbesondere dann vor, wenn ein Einsatz der für die Einhaltung der Vorgaben erforderlichen Geräte aus Sicherheitsgründen ausscheidet.

Der Direktor der Landwirtschaftskammer als Landesbeauftragter kann bei Vorliegen der genannten Voraussetzungen auf Antrag eine Genehmigung erteilen. Der Antrag kann auch befristet genehmigt werden. Die Genehmigung erlischt automatisch, wenn die Voraussetzungen nicht mehr vorliegen. Der Antrag ist bei den Kreisstellen der Landwirtschaftskammer einzureichen.

Naturräumliche Besonderheiten der Betriebsflächen

Ausnahmen sind hier zum einen auf Flächen mit > 20% Hangneigung auf mindestens 5.000 m² des Schlags aufgrund des erhöhten Sicherheitsrisikos möglich. Zum andern können Ausnahmen für Schläge < 1 ha mit unveränderlichen Schlaggrenzen, wie Gewässer und Schläge < 1 Hektar mit veränderlichen Grenzen und einer Hangneigung von mehr als 20 % auf mehr als 30 % des Schlages, auf denen die streifenförmige Ausbringung flüssiger organischer Düngemittel aufgrund der Technikgröße nicht möglich ist, genehmigt werden. Bei einer Genehmigung der Ausnahmeregelung müssen bei dieser Fläche automatisch die Abstandsregelungen zu Gewässern wie der 10 m Abstand zu Gewässer und weitere Auflagen im Abstand zwischen 10 – 30 m eingehalten werden.

Agrarstrukturelle Besonderheiten eines Betriebes

Zu diesen Besonderheiten gehören Agroforst-, Hopfenbau-, Obstbau-, Weihnachtsbaum-, Weinbau- und andere Flächen mit Baumkulturen, auf denen der Einsatz von streifenförmiger Aufbringtechnik nicht möglich ist.

Wichtig: Eine generelle Ausnahme für „kleine“ Betriebe existiert nicht. Die geringe Flächenausstattung des Betriebes ist daher kein ausreichender Grund für eine Ausnahme.

Die Allgemeinverfügung und die Kulisse stehen aktuell noch nicht zur Verfügung. Sobald diese vorliegen, werden sie hier zu finden sein.

Als konkrete Hilfestellung zur Beurteilung, ob Betriebsflächen ausnahmefähig sind, wird vom Direktor der Landwirtschaftskammer als Landesbeauftragter für NRW jährlich eine aktuelle als »Kulisse« bezeichnete Liste mit Schlägen- veröffentlicht, welche die folgenden Kriterien erfüllen:

  • Acker- und Grünlandflächen mit einer Hangneigung von mehr als 20 % auf mehr als 5.000 m² eines Schlages
  • Streuobstwiesen, Agroforst-, Weinbau-, Obstbau-, Hopfenbau-, Obstbau-, Weihnachtsbaum-, Weinbau- und sonstige Baumkulturflächen
  • kleine Flächen (Acker- und Grünlandschläge < 1 Hektar mit unveränderlichen Grenzen), Schläge < 1 Hektar mit veränderlichen Grenzen und einer Hangneigung von mehr als 20 % auf mehr als 30 % des Schlages

Schläge, die in dieser Kulisse enthalten sind, sind per Allgemeinverfügung von der Verpflichtung zur streifenförmigen Aufbringung ausgenommen.

Wichtig: Hierfür muss kein Antrag mehr gestellt werden.

Sind Schläge in der veröffentlichten Kulisse enthalten, können die Betriebe nach eigenem Ermessen auf diesen Schlägen weiterhin mit anerkannten Techniken zur Breitverteilung arbeiten. Da sich der Zuschnitt von Schlägen im Laufe der Zeit ändern kann, wird jährlich eine neue Kulisse veröffentlicht, die dann für das Veröffentlichungsjahr gültig ist.

In Fällen, die nicht von der Allgemeinverfügung erfasst sind, kann beim Direktor der Landwirtschaftskammer als Landesbeauftragter ein Antrag gestellt werden. Dieser Antrag ist bei den Kreisstellen der Landwirtschaftskammer einzureichen. Die Genehmigung des Antrags steht im Ermessen des Direktors der Landwirtschaftskammer als Landesbeauftragter als Genehmigungsbehörde.

Eine Genehmigung ist insbesondere in folgenden Fällen möglich:

  1. Für Schläge oder Teilschläge, die nicht in der Kulisse ausgewiesen sind, aber gleichwohl den oben genannten Kriterien zur Ausnahmefähigkeit entsprechen.
  2. Für Verfahren mit vergleichbar geringen Ammoniakemissionen bei der Gülleausbringung. Derzeit ist als anderes Verfahren mit vergleichbar geringen Ammoniakemissionen nur die Ausbringung von Jauche sowie von anderen flüssigen organischen Düngemitteln, einschließlich Wirtschaftsdüngern, mit bis zu 2 % Trockensubstanzgehalt (TS-Gehalt) auf Antrag genehmigungsfähig. Die Genehmigung setzt voraus, dass die Einhaltung des TS-Gehaltes der Düngemittel jederzeit nachgewiesen werden kann. Hierfür ist die erforderliche Lagerkapazität für die flüssigen organischen Düngemittel einschließlich des gegebenenfalls zugegebenen Wassers über das Programm zur Lagerraumberechnung der Landwirtschaftskammer NRW nachzuweisen. Zusätzlich ist das Düngemittel im Labor zu untersuchen. Das Untersuchungsergebnis darf bei der Ausbringung nicht älter als 14 Monate sein.
  3. Für Betriebe, deren Wirtschaftsdünger-Lagerstätten auf dem Betriebsgelände mit der streifenförmigen Technik nicht angefahren oder befahren werden können, weil zum Beispiel der Deckel einer Tiefgrube nur beschränkt belastbar ist und gleichzeitig auch nicht durch eine Verlängerung des Ansaugrohres eine Wirtschaftsdüngerentnahme möglich ist.
  4. Einzelflächen, deren Zuwegungen aufgrund der Breite und Höhe des Weges oder der Durchfahrt (Wald, Bauwerke etc.), der Befestigung, der Tragfähigkeit von Brücken oder der Schieflage keine Befahrung mit der streifenförmigen Technik erlauben.
  5. Einzelflächen mit hohem Anteil an herausragenden Felsen, Sträuchern oder ähnlichen, die eine Beschädigung der streifenförmigen Ausbringtechnik bei deren Einsatz erwarten lassen sowie Flächen, die nicht unter die Hanglagenregelung fallen, aber aufgrund ihres Zuschnitts beim Einsatz der streifenförmigen Technik ein Sicherheitsrisiko durch zum Beispiel Kippgefahr erwarten lassen.

Die Aufzählung ist nicht abschließend.

Wichtig: Eine Ausnahme lediglich aus wirtschaftlichen Gründen ist nicht genehmigungsfähig.

Autor: Dr. Stephan Jung