N-Reduk Proteingehalt in Milchkuhrationen senken?

nreduk

In der Milchkuhfütterung muss das Rohprotein möglichst effizient genutzt werden, um eine hohe Leistung zu gewährleisten und übermäßige Stickstoffausscheidungen zu verhindern. Nachfolgend wird über Versuche im VBZL Haus Riswick berichtet, in denen Rationen mit reduziertem Rohproteingehalt an hochleistenden Milchkühen bei Einsatz von geschützten Aminosäuren geprüft wurden.

Die Verminderung der Proteinzufuhr in der Fütterung bedeutet eine Reduzierung des Stickstoffs (N) im Produktionskreislauf. Dabei stellt sich die Frage, wie sich die Leistung der Tiere entwickelt und wie umfangreich die Verminderung der N-Mengen in den tierischen Exkrementen und die Verringerung der Ammoniakemissionen sind.

Ausgehend von den aktuell bestehenden Versorgungsempfehlungen für hochleistende, frischmelkende Milchkühe (GfE 2001), wurde im von der Rentenbank geförderten Projekt N-Reduk der Einfluss einer Absenkung der Proteinversorgung auf die tierischen Leistungen und die N-Ausscheidungen der Milchkühe untersucht. Zusätzlich wurden teilweise pansengeschützte Aminosäuren zugelegt. Die Zugabe der Aminosäuren Lysin und Methionin wurde dabei so gewählt, dass sich eine Bedarfsdeckung von etwa 100 % auf Basis der französischen Versorgungsempfehlungen ergab.

Die Fütterungsversuche wurden zwischen Anfang 2015 und 2017 im Versuchs- und Bildungszentrum Landwirtschaft Haus Riswick, Kleve, der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen durchgeführt. Gemäß Übersicht 1 wurden die einzelnen Versuche in drei aufeinander aufbauenden Abschnitten geplant. Im 1. Fütterungsversuch wurde mit 2x48 Kühen gearbeitet, wobei frischmelke Kühe kontinuierlich nachgestallt wurden und Kühe mit höheren Laktationstagen ersetzten. Um eine Proteinunterversorgung im 1. Laktationsmonat zu vermeiden wurden frischmelke Tiere im 2. Fütterungsversuch zunächst für 28 Tage in eine Startgruppe mit Fütterung der Kontrollration eingestallt und danach gleichmäßig auf die 3 Gruppen Kontrolle, Versuch A und B mit je 24 Tieren aufgeteilt. Letztlich wurden im 3. Fütterungsversuch 4 Gruppen à 24 Kühe getestet, so dass frischmelke Tiere sofort in die vorgesehenen Gruppen zugeteilt und in den proteinreduzierten Varianten in den ersten 28 Laktationstagen mit einem Proteinergänzer über Abrufstationen beigefüttert wurden.

Die Tabelle 1 zeigt beispielhaft die Rationszusammensetzung für den 2. Fütterungsversuch. Der Kraftfutteranteil lag in allen Futtergruppen bei etwa 36 % der TM. Die Nährstoffgehalte der Rationen können der Tabelle 2 entnommen werden. Die gewünschte Differenzierung im Rohproteingehalt der Rationen wurde erreicht.

Übersicht 1: Versuchsdesign

Übersicht 1: Versuchsdesign

Tab. 1: Rationszusammensetzung im 2. Versuchsabschnitt

Tab. 1: Rationszusammensetzung im 2. Versuchsabschnitt

Tab. 2: Nährstoffgehalte der im 2. Versuchsabschnitt gefütterten Rationen

Tab. 2: Nährstoffgehalte der im 2. Versuchsabschnitt gefütterten Rationen

Ergebnisse

Im 1. Fütterungsabschnitt wurden die geplanten XP-Gehalte in den vorgelegten Rationen mit 160 g/kg TM in der Kontrolle bzw. 159 g/kg TM in der Versuchsgruppe A eingehalten, wohingegen die erzielten nXP-Werte mit 154 g/kg TM bzw. 153 g/kg TM etwas unterhalb der angestrebten Werte lagen. Kühe der Kontrollgruppe nahmen mit 22,4 kg TM/Tag etwas weniger Futter auf als Tiere in der Versuchsgruppe A mit 22,8 kg TM/Tag (Tab. 3). Durch die Methioninzulage hatten diese Kühe signifikant höhere tägliche Aufnahmen von nX-Methionin (Kontrolle: 79,4 g; Versuch A: 91,3 g). Mit 36,7 kg natürlicher Milch/Tag lagen beide Gruppen auf gleichem Niveau, jedoch bei Methioninzulage mit signifikant höheren Fettgehalten von 3,68 % zu 3,50 % in der Kontrollgruppe (p < 0,01), so dass sich bei gleichen Eiweißgehalten von 3,13 % ein Unterschied in der ECM Leistung von 1,1 kg/Tag ergibt. Aus der N-Aufnahme mit dem Futter und der N-Abgabe über die Milch wurde das N-Saldo berechnet. Die mit Kot und Harn ausgeschiedenen N-Mengen betrugen 392 bzw. 394 g je Kuh und Tag.

Im 2. Fütterungsabschnitt wurde die vorgesehene Differenzierung von 20 g/kg TM XP eingehalten. Die TM-Aufnahmen lagen mit 23,2 kg in der Kontrollgruppe sowie 23,4 kg bzw. 22,7 kg täglich in den Versuchsgruppen A und B auf vergleichbarem Niveau. Die Differenzierung im XP-Gehalt der Rationen führte zu signifikant (p < 0,001) höheren XP-Aufnahmen in der Kontrollgruppe (3822 g/Tag) verglichen mit Versuchsgruppe A (3388 g/Tag) und B (3224 g/Tag). Während die Lysin-Versorgung in allen 3 Gruppen mit Werten um 250 g/Tag vergleichbar war, haben Tiere der Versuchsgruppe B durch AS-Zulage eine signifikant höhere Versorgung mit nX-Methionin (93 g/Tag zu 82 bzw. 81 g/Tag in der Kontroll- bzw. Versuchsgruppe A). Die natürliche Milchleistung in der Versuchsgruppe A war trotz numerisch höchster Futteraufnahme mit 30,8 kg/Tag signifikant niedriger als in der Kontrolle mit 32,8 kg. Kühe aus Versuchsgruppe B rangierten mit 31,9 kg/Tag dazwischen. Unterschiede in den Inhaltsstoffen waren zufällig und führten zu täglichen ECM Leistungen von 31,9 kg in der Kontrolle sowie 30,4 kg bzw. 31,0 kg in den Versuchsgruppen A und B. In den proteinabgesenkten Futtergruppen reagierten die Milchharnstoffgehalte deutlich. In den N-Salden spiegelte sich die abgesenkte Proteinversorgung der Versuchsgruppen wieder: die N-Ausscheidungen verminderten sich um 14 bzw. 21 % in Relation zur Kontrollgruppe.

Im 3. Fütterungsabschnitt konnten 4 Rationen geprüft werden, wobei die in Übersicht 1 dargestellten Zielwerte im XP-Gehalt sehr genau eingehalten wurden. In allen Varianten waren die nXP-Gehalte um ca. 10 g/kg TM höher als geplant. Es zeigten sich signifikant niedrigere TM-Aufnahmen in der Versuchsgruppe C (21,2 kg) zu den 3 weiteren Gruppen (23 kg in Kontrolle und Versuch A; 23,1 kg in Versuch B). Die signifikant höchste Milchleistung wurde mit 32,2 kg ECM in der Kontrolle verglichen mit der Versuchsgruppe C erzielt (28,7 kg ECM). Die Versuchsgruppen A und B bewegten sich mit 30,0 kg bzw. 30,7 kg ECM dazwischen. Die Fettgehalte waren in den Versuchsgruppen zum Teil statisch signifikant erhöht. Wiederum gab es signifikante Unterschiede in den Milchharnstoffgehalten zwischen der Kontrollgruppe und den Versuchsgruppen. In den Versuchsgruppen ergaben sich ebenfalls um 12 bis 19 % reduzierte N-Salden.

Schlussfolgerungen

Folgende Schlussfolgerungen lassen sich aus den umfangreichen Untersuchungen ableiten:

Ein Rohproteingehalt von 160 g/kg TM und gleichzeitig 160 g nutzbares Rohprotein/kg TM entsprechend den derzeitigen Versorgungsempfehlungen führt zu hohen Milchleistungen. Die N-Salden sind dabei in Höhe der N-Ausscheidungen gemäß Dünge-VO. Eine zusätzliche Gabe von geschütztem Methionin zu dieser Versorgungssituation führt unter den geprüften Futterrationen zu einer tendenziell höheren Milchleistung.

Das Absenken des Rohproteingehaltes auf etwa 140 g/kg TM bei unverändertem Gehalt an nutzbarem Rohprotein hatte keinen nachteiligen Einfluss auf die Futteraufnahme. Teilweise ergaben sich signifikant geringere natürliche Milchmengen und immer signifikant erniedrigte Milchharnstoffgehalte. Auf Basis der ECM wurden keine sicherbaren Unterschiede festgestellt. Die kalkulierten N-Salden verminderten sich um 10 bis 20 %.

Eine Zugabe von geschütztem Methionin und Lysin konnte den durch verminderte Rohproteinversorgung ausgelösten Milchverlust teilweise kompensieren. Bevor geschützte Aminosäuren zum Einsatz kommen, muss die Versorgung mit Aminosäuren auf Basis umfangreicher Futteranalysen geprüft werden, da nicht alle Rationen per se durch einen Mangel an bestimmten Aminosäuren gekennzeichnet sind.

Bei Absenken des Rohproteins und des nutzbares Rohproteins auf jeweils 140 g/kg TM wurden geringere Futteraufnahmen und niedrigere Milchleistungen gegenüber der Kontrollration gemessen. Solch niedrige Konzentrationen in den Rationen sind deshalb nicht empfehlenswert.

Unter Kenntnis dieser und weiterer Versuche aus anderen Forschungseinrichtungen können Rationen mit 15 % Rohprotein und einer ausgewogenen ruminalen N-Bilanz zur Reduktion der N-Ausscheidungen bei gleichzeitig hoher Milchleistung empfohlen werden.

tabelle

Hintergrund N-Reduk:

Im Rahmen der Nutztierstrategie fördert das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft Forschungsvorhaben zur Verbesserung der Nutztierhaltung. Unterstützt werden vor allem Innovationen im Bereich von Haltung und Umweltwirkungen. Auch das Projekt N-Reduk wurde über das Bundesamt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) bzw. über die Landwirtschaftliche Rentenbank gefördert. Projektbeteiligte sind die Landwirtschaftskammer NRW (Projektleitung) und die Universität Bonn mit dem Landtechnikinstitut und dem Institut für Tierwissenschaften. Seitens der Wirtschaft haben sich die Agravis, Münster und die Firma Agrifirm eingebracht. Im Projekt wurde der Einfluss einer proteinreduzierten Fütterung von Milchkühen bei Einsatz geschützter Aminosäuren auf tierische Leistungen, Stickstoffausscheidungen und den Ausstoß klima- und umweltrelevanter Gase geprüft.

Autorenteam: Dr. Martin Pries, Jana Denißen, Silke Beintmann, Bernadette Bothe, Dr. Sebastian Hoppe