Bösartiges Katarrhalfieber beim Rind

Katarrhalfieber beim RindBild vergrößern
Beim Katarrhalfieber treten entzündliche Veränderungen der Haut vor allem im mittleren Bereich des Rückens auf. Die Wunden halten mehrere Wochen an.


Maul eines Rindes mit Symptomen des KatarrhalfiebersBild vergrößern
Die Schleimhäute deuten auf eine Entzündung hin. Typisch sind vor allem die rundlichen Rötungen im Bereich der Zahnhälse.


Rinderauge mit Symptomen des KatarrhalfiebersBild vergrößern
Beim Katerrahlfieber sind die Augen betroffen: Geschwollene Lieder, eitrige Lidbindehäute und Hornhauttrübungen kommen vor. Fotos: Dr. Wilfried Adams


Obwohl das „Bösartige Katarrhalfieber des Rindes“(BKF), eine meldepflichtige Herpes-Virusinfektion, in Deutschland keine große wirtschaftliche Bedeutung hat, soll die Erkrankung zur Abgrenzung zur Blauzunge anhand eines aktuellen Fallberichtes kurz dargestellt werden.

Ende Juni 2009 bemerkte der Tierhalter, in dessen Betrieb sowohl Schafe als auch Mutterkühe gehalten werden, dass sich eines seiner etwa 15 Monate alten Charolais-Rinder apathisch von der Herde absonderte und offenbar entzündliche Veränderungen im Bereich der Kopfschleimhäute, das heißt der Augen und am Flotzmaul, zeigte. Das Tier befand sich in einer Gruppe von 6 Rindern mehrere Kilometer vom Betrieb entfernt, die klinisch unauffälligen Schafe wurden in unmittelbarer Hofnähe gehalten.

Aufgrund der offensichtlich starken Störung des Allgemeinbefindens wurde das Rind in einer gut eingestreuten, abgedunkelten Einzelbucht auf dem Hof aufgestallt und der Hoftierarzt unverzüglich hinzugezogen.

Bei der klinischen Untersuchung zeigte sich, dass die Rektaltemperatur mit 41,5°C deutlich erhöht war, zudem waren Atem- und insbesondere Herzfrequenz deutlich gesteigert. Die extrem starke Injektion der Episkleralgefäße an den Augen unterstrich die schwere Kreislaufbelastung des Tieres. Das Standvermögen des zeitweise unter Muskelzittern leidenden Rindes war stark beeinträchtigt, was sich bereits beim Anheben der Gliedmaße im Rahmen der Untersuchung der Extremitäten zeigte. Im mittleren Bereich des Rückens entlang der Wirbelsäule traten zudem entzündliche Veränderungen der Haut, sog. Exantheme, auf, die anfangs nur durch Aufrichten der Haare zu erkennen waren, mit Milbenbefall Ähnlichkeit aufwiesen und auch mehrere Wochen anhielten (Bild 1).

Nasen-, Maulschleimhäute und Zunge waren flächig stark entzündlich gerötet. Im der Bereich der Zahnhälse konnte eine deutliche zirkuläre Rötung festgestellt werden, wie man es auch bei BVD antrifft (Bild 2). Beide Augenlider waren geschwollen (Lidödeme), die Lidbindehäute entzündlich-eitrig gerötet und an beiden Augen war eine massive, milchig-trüb-opaleszierende Hornhauttrübung festzustellen, die zur Erblindung des Tiere geführte (Bild 3). Durch die Erkrankung sank das Körpergewicht von 450 kg auf 380 kg, Zwischenzeitlich verbesserte sich das Allgemeinbefinden wieder und es waren sogar Zunahmen zu verzeichnen.

Der Tierarzt behandelte das Rind symptomatisch mit entzündungshemmenden, schmerzstillenden und antibiotisch wirksamen Substanzen zur Eindämmung bakterieller Sekundärinfektionen, darüber hinaus wurde das Tier homöopathisch behandelt. Mitte August 2009, etwa sechs Wochen nach Krankheitsfeststellung, wurde das Rind im Stall tot aufgefunden.

Der Verdacht des Tierarztes des Vorliegens der relativ selten vorkommenden „Kopf-Augen-Form des Bösartigen Katarrhalfiebers“ bestätigte sich, in dem mittels der PCR Herpes-Genom aus Nasenabstrichen nachgewiesen werden konnte. Die differentialdiagnostisch gleichzeitig eingeleiteten virologischen Untersuchungen auf Blauzunge und BVD/MD, sogenannte Schleimhautkrankheit, im zuständigen Veterinäruntersuchungsamt verliefen negativ.

Für die beschriebene BKF-Erkrankung dürfte ein sogenanntes ovines Herpes-Virus(OHV-2) verantwortlich sein, welches in Schafpopulationen weltweit verbreitet ist. Beim Schaf als Virusträger verläuft die Infektion inapparent, das heißt ohne erkennbare klinische Symptome. BKF tritt in Deutschland sporadisch bei Rindern oder Kühen auf, die Kontakt zu Schafen oder Ziegen haben. Es ist noch nicht geklärt, inwieweit neben direktem Kontakt Fliegen bzw. Ektoparasiten das Herpes-Virus übertragen.

In der Regel erkranken nur einzelne Rinder im Bestand, betroffene Tiere sterben zu 95%. Die Inkubationszeit, das heißt die Zeitspanne von der Erregerübertragung bis zum Auftreten der klinischen Symptome, beträgt drei Wochen bis sechs Monate, so dass aufgrund der zeitlichen Diskrepanz der Kausalzusammenhang zu den Schafen manchmal in Vergessenheit gerät. Der letzte Kontakt zu den Schafen bestand in diesem Fall vor etwa drei Monaten. Die Erkrankung wird vom infizierten bzw. erkrankten Rind nicht weitergetragen. Das Überstehen der Infektion hinterlässt eine lebenslange Immunität.

Autor: Dr. Wilfried Adams