Integrierte Produktion von Cyclamen

Kalifornische Blütenthrips (Frankliniella occidentalis)
Kalifornische Blütenthrips (Frankliniella occidentalis)
  1. Einleitung
  2. Methoden
  3. Ergebnisse
  4. Diskussion
  5. Literatur

Einleitung

Von allen vorkommenden Schadtieren bei Cyclamen persicum bereiten Blütenthripse, insbesondere der kalifornische Blütenthrips, Frankliniella occidentalis, die größten Bekämpfungsschwierigkeiten

Aufgrund ihrer versteckten Lebensweise werden Blütenthripse von Insektiziden so schwer erfasst, dass mehrere Behandlungen in kurzen Zeitabständen nötig sind, um den Befall auf ein erträgliches Maß zu begrenzen. Besonders bei frühen Sätzen im Sommer wird erfahrungsgemäß eine vollständige Bekämpfung nicht erreicht.

Nach eigenen Beobachtungen werden zur Zeit ca. 80 % aller Insektizidspritzungen allein für die Thripsbekämpfung aufgewendet. Da immer mehr Betriebe zu der Einsicht gelangen, dass dieser enorm hohe Aufwand für sie nicht mehr tragbar ist, setzt sich die biologische Bekämpfung von Blütenthripsen bei Cyclamen immer stärker durch.

Seit einigen Jahren werden in Gartenbaubetrieben in Westfalen-Lippe Untersuchungen zur biologischen Thripsbekämpfung in Cyclamen durchgeführt. Die Struktur der Gartenbaubetriebe ist sehr unterschiedlich, ebenso wird auf verschiedenen Anbausystemen kultiviert. In den beteiligten Betrieben werden Anstaurinnen, Fließrinnen, Ebbe- und Flut-Tische sowie Betontische mit Mattenbewässerung verwendet.

Erfahrungen mit der biologischen Thripsbekämpfung bei Cyclamen liegen neben Produktions- und Endverkaufsbetrieben auch aus einem Jungpflanzenbetrieb sowie beim Anbau von Schnittcyclamen 'Victoria' vor. Besonders bei dieser i.A. anfälligen Sorte hat sich der Einsatz von Raubmilben bewährt. Trotz langer Standdauer haben sich Amblyseius-Populationen in den Blüten etabliert und damit zur Thripsreduzierung beigetragen. Im Jungpflanzenbetrieb wird zu Kulturbeginn in Saatkisten oder Multiplatten ausschließlich mit Steinernema-Nematoden und Hypoaspis gearbeitet. Erst wenn die Cyclamen das verkaufsfertige Jungpflanzenstadium erreicht haben, wird mit dem Einsatz von Amblyseius begonnen.

Die Bekämpfung weiterer Cyclamenschädlinge erfolgt i.d.R. konventionell. Gegen Blattläuse wird Confidor WG 70 (Wirkstoff: Imidacloprid), Pirimor-Granulat (Pirimicarb) oder Plenum (Pymetrozin) eingesetzt. Bei Vorblütebehandlung kann auch NeemAzal T/S (Azadirachtin A) verwendet werden. Gegen Schmetterlingsraupen werden Bacillus thuringiensis - Präparate eingesetzt. Da es sich meist um Eulenraupen (Noctuidae) handelt, wird das Produkt Turex verwendet. Es enthält den auch gegen diese Raupen wirksamen Stamm B.t. aizawai. Sollte eine Fungizidbehandlung gegen Botrytis cinerea notwendig werden, wird Teldor WG (Fenhexamid) eingesetzt. Die genannten Präparate haben bisher keinen negativen Einfluss auf die Nützlinge gezeigt.

Eine Problem bei der Ausbringung von Raubmilben stellen die Zwischenräume verschiedener Systeme dar. Beim konventionellen Verfahren, mit wöchentlichem bis zweiwöchentlichem Freilassen von 25 bis 50 Raubmilben je m², entstehen unter Umständen enorme Verluste. Das exakte Streuen ausschließlich auf die Pflanzen wird aus Arbeitszeitgründen nur selten praktiziert.

Methoden

Um die Streuverluste so gering wie möglich zu halten, wurde ein Konzept gewählt, bei dem je Satz nur 2 Freilassungen durchgeführt werden, diese aber mit hohen Mengen von Amblyseius cucumeris. Sie erfolgen jeweils 1 Woche vor den Rückterminen, also zum Zeitpunkt geringstmöglicher Pflanzenzwischenräume. Vor dem ersten Rücken (nach 4 -5 Wochen Kulturzeit) werden ca. 200 Amblyseius sp. je m² gegen Thripse gestreut. Die Mengen variieren satzabhängig von 160 bis 290 Tieren pro m² (entspricht 2,8 - 5 pro Pflanze). Eine zweite Ausbringung im Streuverfahren erfolgt nach weiteren 4 - 5 Wochen mit ähnlicher Aufwandmenge. Dieser Zeitpunkt fällt meist mit dem zweiten Rücken in der Cyclamenkultur zusammen. Zusätzlich werden direkt nach dem Topfen 200 Hypoaspis/m² gegen Trauermücken sowie Nymphen von Thripsen ausgebracht.

Für F1-Cyclamen ist das Schema in der Regel ausreichend. Sie blühen relativ gleichmäßig auf und fließen dementsprechend aus dem Betrieb ab. Bei Normalcyclamen mit längerer Standdauer und langsameren Abfluss aus dem Betrieb kann eine dritte Ausbringung - ebenfalls mit erhöhter Aufwandmenge - während der Blütezeit notwendig werden. Besonders die Erfahrungen aus dem langen, warmen Sommer 1999 bestätigen die Aussage.

Im Einzelfall kann die Menge der ausgebrachten Nützlinge je Flächeneinheit sehr unterschiedlich sein. Die Größe der Sätze und die dafür angebotenen Packungsgrößen beeinflussen die Ausbringmenge erheblich. Damit sind Differenzen von 160 - 290 Tieren je m² zu erklären. Größere Mengen müssen auch ausgebracht werden, wenn anfällige Sorten im Bestand stehen, die Pflanzenentwicklung viele Blüten erwarten lässt, der Schädlingsdruck sehr hoch ist oder sich der Absatz nicht wie erwartet entwickelt.

Die unterschiedliche Sortenanfälligkeit von Cyclamen wird bei der Ausbringung berücksichtigt. So gelten die lachsrosa farbene Sorte 'Concerto F1 Giselle', die dunkel-violette 'Concerto F1 Sylvia', die reinweiße 'Concerto F1 Apollo', 'Norma F1' weiß mit violettem Auge, 'Manon F1' dunkelrosa sowie 'Vollebregt's Mischung gefranst' als sehr thripsanfällig.

Das Frühwarnsystem "Blautafel-Monotoring" stellt während des Beobachtungszeitraumes seine Vorteile unter Beweis. Es ist ein unverzichtbares Instrument, mit dem, besonders im blütenlosen Pflanzenstadium, die Tendenzen anhand der Thripsfangqouten beurteilt werden können.

Um den Verlauf der Populationsdynamik von Thripsen und Raubmilben besser Abschätzen zu können, werden neben der obligatorischen Leimtafelüberwachung zusätzlich bei allen Sätzen von Blühbeginn an Blütenauszählungen nach einem festen Schema vorgenommen. Alle vierzehn Tage wurden 80 bis 100 Blüten von ausgewählten Sorten im Betrieb gepflückt (10 Blüten je Sorte) und anschließend im Labor untersucht. Bei der Auswahl der Blüten werden möglichst die ältesten Blüten des Bestandes berücksichtigt.

Natürlich ist auch die Erfolgskontrolle durch subjektive Eindrücke der Betriebsleiter und Berater mit der visuellen Beurteilung von Blütenschäden von Bedeutung. Bei den ermittelten Blütenthripsen handelte es sich hauptsächlich um die Art Frankliniella occidentalis.

Ergebnisse

Vor dem Hintergrund, dass bei Cyclamen, die nach dem Standardschema (wöchentlich 25-50 A. cuc. bis zum Kulturende) mit Raubmilben belegt werden, oftmals die aus dem Streumaterial stammende Kleie auf Verkaufspflanzen zu sehen ist bietet die frühe letzte Freilassung einen Vorteil. Die Pflanzen überwachsen diese Rückstände noch rechtzeitig, so dass entsprechenden Vermarktern kein preisdrückendes Argument geboten wird.

Das Einsetzen hoher Mengen mit bis zu 8 Amblyseius cucumeris pro Pflanze wirkt sich vorteilhaft auf einen schnellen Populationsaufbau und eine damit verbundene längerfristige Etablierung von Amblyseius cucumeris aus. Es werden zum Teil 14 Wochen nach der letzten Belegung ausreichende Mengen aller Raubmilbenstadien in den Cyclamenblüten gefunden.

Zum Teil bestehende Einwände gegen Amblyseius aus jahreszeitlicher Sicht können bei Cyclamen verworfen werden. Die Etablierung und die Bekämpfung ist in der heißen Hochsommerperiode erfolgreich als auch bei niedrigen Temperaturen von 16° C im absoluten Kurztag.

Dass die Raubmilben auch bei fehlendem Thripsangebot und unter ungünstiger werden Klimabedingungen nicht verschwinden, muss damit zusammenhängen, dass sie genügend Alternativnahrung finden. Da bei den Untersuchungen gelegentlich auch Strohmilben der Gattung Tyrophagus festgestellt werden, könnte dies eine Erklärung sein. Von größerer Bedeutung ist allerdings der Pollen von Cyclamen.

Bei blühenden Cyclamen können Blütenauswertungen nach dem hier vorgestellten Schema die Sicherheit von Befallsprognosen erheblich vergrößern, da sie einen Einblick zum gegenwärtigem Stand des Räuber-Beute-Verhältnisses gewähren. Ein steiler Anstieg mit hohen Fangraten auf den Leimtafeln muss nicht immer einen Grund vorgeben, weitere thripsbekämpfende Maßnahmen einzuleiten. Anhand der Blütenuntersuchung wird häufig nachgewiesen, dass der Thripsbefall in den Blüten stark rückläufig ist und sich das Räuber-Beute-Verhältnis deutlich zu Gunsten von Amblyseius cucumeris entwickeln kann.

Vergleichswerte

Nach Erfahrungen in Westfalen-Lippe ist der Raubmilbeneinsatz erfolgreich, wenn von Blühbeginn an eine Raubmilbenetablierung von durchschnittlich einer Raubmilbe je Blüte erzielt wird und der sich aus dem Räuber : Beute - Verhältnis ergebende Quotient über 1 liegt. Bleiben bei den nachfolgenden Untersuchungen diese Bedingungen konstant bzw. steigt der Quotient - auch bei Abnahme der Raubmilbenpopulation - weiter an, verläuft die biologische Bekämpfung optimal.

Liegt dagegen der Quotient schon bei Blühbeginn unter 1, besteht die Gefahr, dass die biologische Bekämpfung scheitert. Ob weitere thripsbekämpfende Maßnahmen eingeleitet werden müssen, hängt nun von der Höhe der Anzahl Thripse je Blüte ab. Hier sind Blütenschäden für die Entscheidung nach weiteren Maßnahmen heranzuziehen.

Letzteres gilt auch, wenn Amblyseius cucumeris in gleicher Zahl vorhanden sind, also das Räuber : Beute - Verhältnis zwar bei 1 : 1 , jedoch auf einem hohen Niveau liegt. Aber auch in einem solchen Fall kann vor übereilten Bekämpfungsmaßnahmen abgeraten werden, weil bei frühen Blütenstadien immer noch die berechtigte Chance besteht, dass die Raubmilben die Thripspopulation unter die zuvorgenannte Schadschwelle drücken.

Diskussion

Die Untersuchungen haben gezeigt, dass der Integrierte Pflanzenschutz bei der Produktion von Cyclamen persicum machbar ist. Durch Optimierung der Kultur- und Standortbedingungen und dem Einsatz von natürlichen Feinden konnte der ehemals hohe Pflanzenschutzaufwand, der sich im wesentlichen auf die Bekämpfung des Hauptschädlings Thrips konzentrierte, auf ein Minimum reduziert werden.

Die Ergebnisse der betriebsbegleitenden Untersuchung belegen, dass sich Amblyseius cucumeris hervorragend in Cyclamenblüten etablieren lassen. Die biologische Bekämpfung von Blütenthripsen bei geringen Zusatzkosten ist sehr effektiv, wenn das Einsatzkonzept so angelegt ist, dass durch wenige Freilassungen hoher Mengen kurz vor den Rückterminen Streuverluste minimiert werden. Entscheidend ist dabei, dass die 2. Freilassung in dem sensiblen Entwicklungsstadium < 0,5 Blüten pro Pflanze erfolgt, weil zu diesem Zeitpunkt die Massenvermehrung von Thripsen in den eben geöffneten Blütenknospen noch unterbunden werden kann. Bei späteren Terminen hätten die Schadtiere schon einen so großen Vorsprung, der von den Raubmilben nur schwer aufgeholt werden kann.

Während der gesamten Kultur ist den Pflanzen anzumerken, dass sie nur geringstem Pflanzenschutzstress ausgesetzt sind. Die Verkaufsqualität ist von einem hohen Standard.

Betriebe in denen der Einsatz chemischer Präparate auf ein Minimum gesenkt wird können mit Spontanbesiedelung durch Raubmilben rechen. So ist auch in Gärtnereien die keine Raubmilben ausgebracht haben schon öfters Amblyseius barkeri in den Blüten nachgewiesen wurden. Letztendlich liefert das auch wieder einen wichtigen Hinweis darauf, wie gut Cyclamenblüten als Aufenthaltsort von Raubmilben akzeptiert werden.

Literatur

KLATT, (1998): Nützlingseinsatz bei Cyclamen. Gärtnerbörse, 98: S. 30-33
KLATT, (1998): Nebenschädlinge und Krankheiten. Gärtnerbörse, 98: S. 34-35
KLATT, (1998): Geringe Mehrkosten bei hoher Qualität - Positive Bilanz der bilogischen Thripsbekämpfung bei Cyclamen. Gärtnerbörse, 98: S. 36-37
KLATT, NENNMANN, (1999): Insektizdarme Cyclamen-Produktion. Gärtnerbörse, 99: S. 28-35

Autor: Jörg Klatt, Holger Nennmann